23.05.2023 | Lesedauer: 4 Minuten | CAPTRON Redaktion

Barrierefreie Busse: Die Interpretation der Richtlinie UN ECE 107.8

Die Richtlinie UN ECE 107 der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) gibt Herstellern und Betreibern von Fahrzeugen des ÖPNV vor, wie Busse und weitere Straßenfahrzeuge allgemein und technisch ausgestattet sein müssen, um zugelassen zu werden.

2021 wurden in der Revision 8 der Richtlinie 107 Anpassungen zur „Unterbringung und Barrierefreiheit für Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität“ ergänzt. Konkret enthält die Revision 8 genaue Kriterien für die Erreichbarkeit und den Kontrast sowie Reflexionswerte von Haltewunschtastern im ÖPNV, damit diese auch für Personen mit körperlichen Einschränkungen möglichst einfach bedienbar sind.

 

Vorgaben teilweise nicht eindeutig formuliert

Einige Formulierungen in UN ECE R107.8 für barrierefreie Busse sind jedoch nicht eindeutig und stellen Hersteller und Verkehrsbetriebe vor die Herausforderung, die Normen richtig auszulegen und bestehende Haltewunschtaster richtlinienkonform zu modifizieren.

In diesem Blogbeitrag thematisieren wir die wichtigsten Aspekte der EU-Richtlinie für den ÖPNV, um mehr Klarheit für Betreiber zu schaffen.

 

Unsere Interpretation von UN ECE R107.8 für eine klare Umsetzung

  1. Was ist ein „Kommunikationsmittel“?

     Was genau unter dem in der Richtlinie verwendeten Begriff „communication devices“, also „Kommunikationsmittel“ fällt, wird in der Richtlinie nicht definiert. Wir verstehen unter „Kommunikationsmitteln“ alle Geräte, mit denen der Passagier während des Einsteigens, der Beförderung und des Aussteigens mit dem Bus und dem Fahrer interagiert.
    Konkret sind das Haltewunsch- bzw. Hilfewunschanforderungstaster an den Fahrer sowie Türöffnungs- bzw. Rampenanforderungstaster.
     
  2. Wie sind die Standortvorgaben für Taster auszulegen?

    Auch die Vorgabe, an welchen Standorten im Bus die jeweiligen Taster eingesetzt werden müssen, ist nicht eindeutig. Explizit  sind nur die Priority-Sitze sowie der Kinderwagen-/Rollstuhlbereich genannt. Aus wirtschaftlichen Gründen werden die richtlinienkonformen Taster daher oft nur in diesen Bereichen und nicht im gesamten Passagierbereich eingesetzt.
    Da vor allem ÖPNV-Nutzer mit eingeschränktem Sehvermögen in diesem Fall nicht im gesamten Bus von den Verbesserungen in der Bedienbarkeit profitieren, stellt dies aus unserer Sicht eine Benachteiligung für Passagiere mit Mobilitätseinschränkungen dar. Wir empfehlen deshalb, barrierefreie Kommunikationsmittel an allen Stellen der Fahrzeuge zu verbauen.
     
  3. Wie ist die richtlinienkonforme Beschaffenheit von barrierefreien Tastern zu verstehen?

    Auch die Beschreibung der technischen und optischen Beschaffenheit der Kommunikationsmittel – Kontrast, taktile Beschaffenheit sowie ein optisches Signal – lässt Raum für Interpretationen. Besonders betrifft dies die Formulierung zum geforderten Kontrast: damit kann sowohl der Kontrast von „Gehäuse zu Tastfläche“ als auch der von „Stange zu Tastfläche“ gemeint sein. Um auf Nummer sicher zu gehen, empfehlen wir einen möglichst hohen Kontrast auf beiden Ebenen.

 

Richtlinienkonformität und optimale Nutzerfreundlichkeit der Produkte durch Austausch mit Verbänden und Gremien

CAPTRON steht regelmäßig mit Interessenverbänden und ÖPNV-Betreibern im Austausch. So entwickeln wir unter anderem Taster für eine barrierefreie Nutzung mit dem Zwei-Sinne-Prinzip im Nahverkehr weiter. Das Zwei-Sinne-Prinzip besagt, dass mindestens zwei der drei Sinne "Hören, Sehen und Tasten" angesprochen werden müssen und ist ein wichtiger Grundsatz der barrierefreien Gestaltung u. a. von Gebäuden und öffentlichen Verkehrsmitteln. Gleichzeitig stellen wir so für unsere Kunden sicher, dass unsere ÖPNV-Taster zu jeder Zeit richtlinienkonform sind.

Beispiel für richtlinienkonforme Taster mit optischem und akustischem Signal, sowie Brailleschrift. 

  

Gehäuse in unterschiedlichen Farben stellen darüber hinaus sicher, dass die Bedienelemente jederzeit in Kontrast zu ihrer Umgebung stehen. Mehrere LED-Anzeigen kennzeichnen visuell, dass die zugehörige Fahrzeugtür freigegeben wurde. Für Blinde verfügen die Haltewunschtaster zudem über eine Braille-Beschriftung.

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